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Aufgabe 9
Die Personen machen im Verlauf der Geschichte verschiedene Erfahrungen. Kreuze an: Wer macht welche Erfahrung(en)? Setze das Kreuz bei «niemand», wenn keine Person in der Geschichte die entsprechende Erfahrung macht. Es kann immer nur ein Kreuz gesetzt werden.

Menschen lassen sich austricksen.
  • der Kaufmann
  • der Doktor
  • die Erben
  • niemand
Mögliche Punktzahl: 2, erreichte Punktzahl: _
Man soll Genuss nicht aufschieben.
  • der Kaufmann
  • der Doktor
  • die Erben
  • niemand
Mögliche Punktzahl: 2, erreichte Punktzahl: _
Der Ruf eines Menschen kann täuschen.
  • der Kaufmann
  • der Doktor
  • die Erben
  • niemand
Mögliche Punktzahl: 2, erreichte Punktzahl: _
Lügen haben kurze Beine.
  • der Kaufmann
  • der Doktor
  • die Erben
  • niemand
Mögliche Punktzahl: 2, erreichte Punktzahl: _
Wertvolles kann wertlos sein.
  • der Kaufmann
  • der Doktor
  • die Erben
  • niemand
Mögliche Punktzahl: 2, erreichte Punktzahl: _
Wertloses kann wertvoll sein.
  • der Kaufmann
  • der Doktor
  • die Erben
  • niemand
Mögliche Punktzahl: 2, erreichte Punktzahl: _
Geiz lohnt sich nicht.
  • der Kaufmann
  • der Doktor
  • die Erben
  • niemand
Mögliche Punktzahl: 2, erreichte Punktzahl: _

# Der Kaviar der Geizigen

In einer schwäbischen Stadt lebte ein Kaufmann. Der war genauso wohlhabend wie geizig, und beides fällt ja gern zusammen. Dieser Kaufmann litt öfter an Gallenschmerzen und einmal waren diese besonders schlimm. Trotzdem liess er erst nach langem Zögern einen Arzt rufen, weil er die Kosten fürchtete. Dieser Doktor aber gehörte ebenfalls nicht zu den verschwenderisch Freigebigen und war für seine Knausrigkeit ebenso bekannt wie der Kaufmann. So kam also sozusagen der Geiz zum Geize. Der Doktor wendete alle Geschicklichkeit auf, den Kranken zu heilen, und es gelang. Die Freude des Kaufmanns darüber war allerdings getrübt durch den Gedanken an die hohe Rechnung, die der Doktor nun bestimmt bald stellen würde.

«Hätte ich diesen nur nicht so voreilig gerufen», dachte sich der Kaufmann. «Vielleicht wäre ich ja ganz von allein wieder gesund geworden und hätte das Geld für den Arzt sparen können. » Er zerbrach sich lange den Kopf, wie er es einfädeln könnte, vom geldgierigen Doktor nicht allzu sehr zur Kasse gebeten zu werden. Da kam ihm endlich ein rettender Einfall.

Er hatte nämlich, da er natürlich alles aufhob, ein Dutzend leerer Kaviardosen im Keller stehen. Bester russi scher Kaviar – schwarzes Gold – Mindestgrösse 3 mm war auf den Dosen gut zu lesen. Schnell kochte er eine Portion kleiner schwarzer Linsen, die aussahen wie diese köstlichen Fischeier, und fügte der Haltbarkeit wegen eine grosszügige Portion Salz hinzu. Dann füllte er alles fein säuberlich in die Dosen und schraubte deren beschriftete Deckel gut zu, sodass sie wie ungeöffnet wirkten.

Das Dutzend Dosen schickte er, noch bevor er eine Rechnung von ihm bekommen hatte, schön in ein Kistchen verpackt, dem Doktor. Dazu legte er einen höflichen und schmeichlerischen Brief, in dem er schrieb, der Doktor sei, wie er wisse, ein Kenner und werde den Kaviar zu schätzen wissen. Dieser sei eigentlich ein Luxus für Herzöge und Erzbischöfe, aber seine Dankbarkeit für die gelungene Heilung sei gross und nichts sei ihm zu teuer in solch einem Fall. Die Überlegung des Kaufmanns war nämlich diese: Den geizigen Doktor werde es reuen, den teuren Kaviar selbst zu verzehren oder ihn gar seinen sowieso seltenen Gästen vorzusetzen – für ihn und erst recht für Letztere reichte ein Käsebrötchen vollends. Und so geschah es auch: Der Doktor bewunderte die Dosen, die glänzten wie Gold, bedankte sich umständlich bei dem Geber und liess das Geschenk durch seine Magd in den Keller schaffen, um es für eine besondere Gelegenheit aufzusparen.

Die Jahre vergingen. Der Kaufmann starb, und zwar nicht an seinem Gallenleiden. Eine Lungenentzündung, zu deren Behandlung er es nicht für nötig gehalten hatte, den Doktor herbeizurufen, raffte ihn hinweg. Der Doktor ging trotzdem zu seiner Beerdigung und dachte, während der Sarg in die Tiefe sank, an die zwölf Dosen mit bestem Kaviar in seinem Keller. Wie unrecht hatte man dem Kaufmann immer getan, ihn geizig zu nennen. Er, der Doktor, wusste es besser!

Nicht lange danach segnete der Doktor selbst das Zeitliche, betrauert nur von seiner alten Magd. Die Erben, entfernte Verwandte, organisierten einen grossen Leichenschmaus, bei dem sie so üppig assen und tranken, dass der Doktor sich im Grab umgedreht hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre zuzuschauen. Sie holten den Kaviar zur Krönung des Festes aus dem Keller und füllten ihn in eine Schale aus Gold. Als sie ihre Brötchen mit dem immer noch schwarz glänzenden Kaviar bestrichen hatten, bissen alle herzhaft hinein. Doch ebenso schnell husteten und verschluckten sie sich. Ja, einige spuckten den Kaviar sogar auf das weisse Tischtuch – so faulig und verdorben schmeckte er. Trotzdem – für Linsen hielt den Kaviar keiner! Und obwohl sie von der Magd dann erfuhren, dass der Kaviar ein Geschenk des schon lange toten Kaufmanns gewesen war – sein Wappenschild blieb fleckenlos oder wenigstens sah man den Flecken nicht!

Die Erben beschlossen übrigens nach dieser Erfahrung, ihnen sollte so etwas nicht geschehen; sie wollten ihren Kaviar nicht zu lange lagern, denn, scherzten sie, alt zu werden bekommt nur den Menschen gut, nicht aber Delikatessen!

nach Georg Britting